Lotte und der Barbarazweig
Es war Anfang Dezember und obwohl es ziemlich kalt war, spielte Lotte draußen im Garten hinter ihrem Haus. Da entdeckte sie ihre Nachbarin, Frau Martin, auf der anderen Seite des Gartenzauns. Die alte Dame stand unter dem großen Kirschbaum und schaute sich die Äste an.
„Hallo Frau Martin!“, rief Lotte und winkte. „Was machst du denn da?“, wollte sie neugierig wissen.
„Hallo Lotte! Ich suche nach einem schönen Barabarazweig. Weil heute der 4. Dezember ist“, antwortete die alte Dame.
„Aber die Zweige haben doch gar keine Blätter mehr“, stellte Lotte fest.
„Das stimmt. Aber ich nehme den Zweig mit ins Haus und stelle ihn in einer Vase in die warme Stube“, erklärte Frau Martin. „Dann wird er zu Weihnachten wunderschön blühen.“ Lotte schaute etwas ungläubig. „Woher weißt du das denn, dass der Zweig blühen wird?“, wollte sie wissen. „Und warum nennst du den Zweig Barbarazweig?“
„Ach, das ist so eine alte Legende“, sagte Frau Martin. „Sie geht zurück auf die Heilige Barbara. Es ist eigentlich eine traurige Geschichte.“
„Kannst du mir die Geschichte von der heiligen Barbara erzählen? Bitte, bitte Frau Martin!“
Lotte war neugierig geworden und wollte die Geschichte unbedingt hören. Da kam die Nachbarin näher an den Zaun und begann zu erzählen:
Die Geschichte dreht sich um ein Mädchen namens Barbara. Sie lebte vor sehr langer Zeit in der Stadt Nikomedia und war die Tochter eines reichen Kaufmanns. Barbara war sehr klug und außerdem war sie für ihre Schönheit bekannt. Sie hatte viele Verehrer, doch sie wies sie alle ab. Stattdessen beschäftigte sich die junge Barbara mit dem christlichen Glauben, mit Gott und mit Jesus, und sie begann zu beten.
Das gefiel ihrem Vater gar nicht, denn der glaubte nicht an Gott und wollte auch nicht, dass seine Tochter das tut.
Zur Strafe ließ er einen Turm bauen, um Barbara dort einzusperren. Auf dem Weg in ihr Gefängnis blieb ein kahler Zweig von einem Strauch an Barbaras Kleid hängen. Sie nahm den Zweig mit in den Turm und stellte ihn ins Wasser.
Der Vater erwartete, dass Barbara den Glauben an Gott aufgibt, wenn sie erst in dem Turm eingesperrt ist. Als sie das aber nicht tat, beschloss er sie zu töten. Und so geschah es dann auch. Barbara musste sterben, weil sie ihren Glauben an Gott behalten wollte. Doch Barbara hatte etwas hinterlassen. Nachdem sie tot war, fand man in ihrem Kerker den Zweig, den sie bei sich hatte. Er war nicht mehr kahl, sondern hatte wunderschöne Blüten bekommen.
Jedes Jahr am 4. Dezember ist der Namenstag der hl. Barbara, der sogenannte Barbaratag. Dann erinnern wir uns an sie und schneiden einen Barbarazweig von einem Baum ab, den wir ins Wasser stellen. Wenn der Zweig dann zu Weihnachten erblüht, soll das Glück bringen fürs nächste Jahr.
„Das ist wirklich eine traurige Geschichte.“ Lotte hatte gespannt zugehört. „Ist es eine wahre Geschichte?“, wollte sie wissen.
„Ob die Erzählung von der heiligen Barbara wirklich so geschehen ist, weiß ich nicht. Aber ob die Zweige am Weihnachtstag blühen, das kannst du selbst ausprobieren“, sagte Frau Martin lächelnd und reichte Lotte einen Zweig vom Kirschbaum über den Zaun.
„Dankeschön!“, sagte Lotte und nahm den Zweig. Sie lief ins Haus und stellte ihn in eine Vase mit Wasser.
Ob der Zweig wirklich zu Weihnachten geblüht hat? Probiert es doch einfach selbst aus!
Die Geschichte widmet euch die Gruppe Mistelbach.